Jagd und Natur, Literatur und Musik

    Interessen

     

    Natur und Jagd

    Otto von Bismarck selbst beschrieb die Leidenschaften des Menschen als Forellen in einem Teich: „Eine frißt die andere auf, bis nur eine dicke alte Forelle übrig bleibt. Bei mir hat im Laufe der Zeit die Leidenschaft zur Politik alle anderen Leidenschaften aufgefressen.“ Tatsächlich füllte die Politik den größten Teil seines Lebens aus. Die wenigen Beschäftigungen, für die er sonst noch Zeit und Energie aufbrachte, waren geprägt durch seine landadelige Herkunft. Seine daraus resultierende Naturverbundenheit äußerte sich beispielsweise in der aufwendigen Bewirtschaftung seiner Forste. Sich selbst als „Baumnarr“ und Bäume als seine „Ahnen“ bezeichnend, bemühte er sich um die Anpflanzung ausländischer Gehölze. Dafür ließ er sich von dem auf Waldbaumzucht spezialisierten Hamburger Dendrologen (Gehölzkundler) John Booth beraten.

    Regelmäßige Ausritte oder Kutschfahrten in den Wald dienten ihm der Entspannung. Wie viele Adelige war Otto von Bismarck zudem von Kindheit an ein begeisterter Jäger. Zurückgehend auf althergebrachte feudale Privilegien waren Jagden elitäre soziale Ereignisse innerhalb des Adels. Sie dienten der Beziehungspflege untereinander sowie der Repräsentation. Trotz eines schweren Jagdunfalls 1857 in Schweden blieb Otto von Bismarck dieser adeligen Leidenschaft treu. Sein Interesse an höfischen oder Familienjagden und an der Wildhege in seinen Wäldern verlor er auch im hohen Alter nicht.

     Einladung zur Jagd Otto von BismarckEinladung für Otto von Bismarck zur Jagd am 20. November 1851 in Klein Schwalbach (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

    Hunde

    Sowohl in der Öffentlichkeit als auch in familiärer Umgebung umgab sich Otto von Bismarck mit großen Hunden. Einer studentischen Gepflogenheit folgend, trat er bereits während seines Studiums in Göttingen in Begleitung eines Hundes – einer Dogge namens Ariel – auf. In Kniephof und Schönhausen hielt er Hof- und Jagdhunde.

    Während seiner Amtszeit als Reichskanzler wurden seine Doggen als „Reichshunde“ in der Öffentlichkeit bekannt. Nach dem Attentat in Kissingen 1874 begleitete ihn der Hund Sultan zu seinem Schutz auch im politischen Tagesgeschäft. Besonders die 1877 nachfolgende schwarze Dogge Tyras galt als aggressiv: Auf dem Berliner Kongress 1878 fiel sie den hochbetagten russischen Außenminister Alexander Gortschakow an. Geschichten über die „Reichshunde“ fanden großen Anklang in der Bevölkerung. Das Interesse an ihnen zeigte sich auch in Geschenken wie verzierten Hundehalsbändern, die Otto von Bismarck überreicht wurden. Schließlich gingen sie als fester Bestandteil in die Bildsprache des Bismarckkultes ein.

     Bismarck und Doggen 18911Otto von Bismarck und seine Doggen auf der Terrasse des Herrenhauses in Friedrichsruh, am 6. Juli 1891 fotografiert von Strumper & Co., Hamburg (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

    Literatur

    Otto von Bismarck war außerordentlich sprachbegabt. Neben der deutschen Sprache beherrschte er Französisch, Englisch, Latein und Griechisch fließend, ebenso das Plattdeutsch seiner Herkunftsregion. Während seiner Zeit als Gesandter in St. Petersburg lernte er zudem Russisch. In seine ausdrucksstarken Briefe an Familienangehörige und Freunde, aber auch in seinen Reden und bei Gesprächen ließ er immer wieder fremdsprachige Anmerkungen einfließen, ebenso literarische Zitate, die von großer Belesenheit zeugten.

    In seiner Jugend widmete er sich den Dichtungen des englischen Romantikers Lord Byron. William Shakespeares Verse begleiteten ihn zeitlebens, ebenso die Werke Johann Wolfgang von Goethes, Heinrich Heines oder Friedrich Schillers. Neben klassischer und romantischer Literatur las er auch zeitgenössische Schriften, etwa von Gustav Freytag oder Fritz Reuter. Unter den ausländischen Autoren beeindruckten ihn besonders der russische Realist Iwan Turgenjew und der französische Lyriker Pierre-Jean de Béranger. Die naturalistischen, sozialkritischen Milieuschilderungen von Gerhart Hauptmann oder dem Franzosen Victor Hugo gehörten weniger zu seiner Lektüre. Geschätzte Bücher besaß er oft in mehrfacher Ausführung, um sie an seinen verschiedenen Wohnsitzen zur Hand zu haben. Überliefert ist auch Otto von Bismarcks Interesse an historischer Fachliteratur. Die fünfbändige „Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert“ Heinrich von Treitschkes erwähnte er nach dem Erscheinen des letzten Bandes 1894 lobend.

     Bismarcks russische VokalbellistenZwei der insgesamt 36 erhaltenen großformatigen Übungsblätter, auf denen Otto von Bismarck Russisch-Vokabeln niederschrieb. (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

    Musik

    Musik spielte in der adeligen Lebenswelt traditionell eine wichtige Rolle sowohl bei öffentlichen als auch privaten Anlässen. Innerhalb der Bismarckfamilie war in dieser Hinsicht vor allem Otto von Bismarcks Ehefrau Johanna tonangebend, die ihre Musikbegeisterung in die Ehe einbrachte. Während seiner Zeit als Bundestagsgesandter in Frankfurt am Main schenkte er seiner Frau einen Flügel, auf dem sie ihm und den Gästen regelmäßig vorspielte. Beliebt waren Stücke von Ludwig von Beethoven, Franz Schubert, Wolfgang Amadeus Mozart oder auch Felix Mendelssohn-Bartholdy. Otto von Bismarck zog Hauskonzerte von Familienmitgliedern, Freunden oder geladenen prominenten Musikern Opern- oder Konzertbesuchen vor. Beispielsweise gastierte im Sommer 1896 der berühmte österreichisch-ungarische Violinist und Komponist Joseph Joachim im Friedrichsruher Herrenhaus.

     Bismarck und Pauline LuccaOtto von Bismarck und die Opernsängerin Pauline Lucca, fotografiert 1865 in Gastein (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)